Im Mai 2000 gibt es 14 Mathematische Fachbereiche, die einen Bachelor-Studiengang anbieten, sowie acht Mathematische Fachbereiche, die einen Master-Studiengang oder einen internationalen Diplomstudiengang anbieten. An vier Fachbereichen gibt es dabei die Möglichkeit zu einem konsekutiven Studium Bachelor/Master. Eine aktuelle Übersicht über die verschiedenen Angebote findet man im KMathF-Studienführer.

Die Plenarversammlung der KMathF betont am 20.5.2000 in Dresden noch einmal nachdrücklich, dass das Diplom den berufsqualifizierenden Abschluss für Mathematiker darstellt. Für die Bachelor-Studiengänge vermisst sie derzeit noch Qualitätsstandards. Ein Konsens über Mindestanforderungen und Qualifikationsnachweise sollte angestrebt werden.

Die Arbeitsgruppe “ Mathematik“ am 30.5.2000

Am 30.Mai 2000 gibt es in Bonn im Rahmen einer von DAAD und HRK organisierten Konferenz Bachelor und Master in Mathematik und Naturwissenschaften eine Arbeitsgruppe „Mathematik“, die von Klaus Keimel (Darmstadt) geleitet wird. Die 34 Teilnehmer und Teilnehmerinnen werden zunächst über folgende Strukturvorgaben der KMK vom 5.3.1999 zur Einführung von Bachelor/Master Studiengängen informiert:

  • ganzjährige Zyklen
  • das Masterstudium setzt einen berufsqualifizierenden Abschluss voraus
  • der Bachelorabschluss gilt als berufsqualifizierend
  • Übergänge zwischen Diplom- und Bachelor/Master Studiengängen sind möglich
  • Diplom und Masterabschluss sind gleichwertig
  • Modularisierung
  • Leistungspunktsystem

Dann werden die folgenden fünf Punkte diskutiert.

1. Berufsqualifikation: Zum Begriff „berufsqualifizierend“ wird angemerkt, dass dieser seit langem im Hochschulrahmengesetz verankert sei, und zu Bedenken gegeben, dass die Berufsqualifikation durch einen Diplomstudiengang gewährleistet sei und nicht schon durch ein dreijähriges Bachelorstudium. Die Gefahr einer Abwertung durch unterschiedliche Niveaus der Berufsqualifikation wird gesehen. Gut ausgebildete Diplom-Mathematiker sind universell einsetzbar; sie sind in der Lage, Problemstellungen mathematisch zu formulieren und Probleme zu lösen. Es müßte entsprechend der Nachfrage der Wirtschaft spezifiziert werden, für welche Berufe und Einsatzfelder ein Bachelorabschluss passend sein könnte.

2. Chancen: Neben dem internationalen Aspekt werden die Vorteile der Bachelor/Master Studiengänge in der Möglichkeit zu Kombinationsstudien gesehen. Man kann zum Beispiel einen qualifizierten Bachelorabschluss in Mathematik machen und kann danach noch entscheiden, ob man darauf aufbauend ein Masterstudium in Mathematik oder (ohne Zeitverlust) in Wirtschaft, Informatik oder in einem technischen oder naturwissenschaftlichen Gebiet absolvieren möchte. Die Berufsperspektiven wären dann wahrscheinlich in jedem Fall recht gut.

3. Langfristige Entwicklung: Hierüber wird sehr lebhaft diskutiert. Einige Teilnehmer sehen keinen Handlungsbedarf für die Einführung neuer Abschlüsse, da das in Deutschland erworbene Diplom in Mathematik einen international anerkannten bewährten Abschluss darstellt. Andere meinen, dass mit gestuften Studienabschlüssen der modernen Massenuniversität besser Rechnung getragen werde. Diplom und Bachelor/Master parallel anzubieten, wird von einigen Teilnehmern aus finanziellen und organisatorischen Gründen für unrealistisch gehalten. Andererseits wird darauf hingewiesen, dass es für die spätere Berufstätigkeit der Studierenden weniger auf spezielle fachliche Ausrichtungen ankomme als vielmehr auf die Fähigkeit zum Problemlösen: ein Grundstudium, eine Problemlösephase und der Besuch von mittleren Vorlesungen könnten sowohl Grundlage für ein Weiterstudium zum Diplom als auch Grundlage für einen Bachelorabschluss und Einstieg in geeignete andere Studienrichtungen sein. Eine Aufgabe des Diploms zugunsten von Bachelor/Master wird mit der Aufgabe der DM zugunsten des Euros verglichen. Es wird angeregt, Konzepte für eine Studienreform vorzustellen, die eine größere Flexibilität und Internationalisierung ermöglicht, dabei aber nicht zu einer unnötigen Verschulung des Studiums führt und die die Qualität des Diploms erhält.

4. Profile: Eine Teilnehmerin aus der Politik erläutert, welche Vorteile die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudienprogrammen gegenüber herkömmlichen Genehmigungsverfahren gemäß Hochschulrahmengesetz habe: Die Fachbereiche bestimmen das Profil ihrer Studiengänge selbst, eine Akkreditierungsagentur überprüft dann auf Antrag Mindeststandards und stellt gegebenenfalls das Qualitätssiegel des Akkreditierungsrates aus. Dadurch soll Qualität gesichert und Transparenz über das differenzierte Studienangebot der Hochschulen sowie nationale und internationale Anerkennung der Abschlüsse gewährleistet werden. Die Akkreditierung eines Bachelor- oder Masterprogramms würde die betreffende Universität etwa 25.000 DM kosten.

5. Module: Module sind zeitlich und thematisch zusammengefaßte Stoffbereiche, zu denen jeweils eine Prüfungsleistung zu erbringen ist und Credit Points vergeben werden. Einerseits dürften solche Module nicht zu klein sein, da man zur Bewertung von Prüfungsleistungen keine studentischen oder wissenschaftlichen Hilfskräfte hinzuziehen kann, so wie es für Leistungsnachweise durch Übungsscheine üblich ist. Andererseits sollten die Module auch nicht zu groß sein in Hinblick auf mögliche Studienaufenthalte im Ausland. Denkbar wäre zum Beispiel, Analysis I, II sowie Analysis III und Funktionentheorie I jeweils zu einem Modul zusammenzufassen. Die Fachbereiche haben hier Gestaltungsfreiheit, sofern den Qualitätsanforderungen entsprochen wird.

Eine Arbeitsgruppe wird unter Berücksichtigung des Diskussionsstandes an den verschiedenen Fachbereichen Strategien für mögliche Studienpläne entwerfen.


Bericht von Ina Kersten, 5.6.2000.