Am 16.09.2002 tagte die gemeinsame Kommission zur Reform der Lehrerausbildung aus DMVGDMKMathFMNU von 14.00 bis 17.30 Uhr in Halle. Anwesend waren sämtliche Mitglieder der Kommission: Arnold a Campo (MNU), Jürg Kramer (DMV), Bernd Heinrich Matzat (KMathF), Kristina Reiss (GDM) und Ina Kersten als Koordinatorin.

Zunächst einigte sich die Kommission darauf, die Diskussion auf die Ausbildung der Gymnasiallehrer (bzw. Lehrer für Sek.I,II) zu fokussieren. Es wurden die folgenden Punkte behandelt.

  1. Worum geht es?
  2. Thesen
  3. Modellversuche
  4. Fächer, Fächerkombinationen
  5. Studiengänge (Durchlässigkeit)
  6. Studienpläne
  7. Arbeitsplan für die Kommission

1. Worum geht es?

Es geht darum, ein tragbares Konzept zur Ausbildung von Mathematiklehrern unter folgenden Aspekten zu erarbeiten:

  • Internationale Anschlussfähigkeit (d.h. konsekutive modularisierte Studiengänge mit Abschluss an den Universitäten anstelle von Staatsprüfungen)
  • Höhere Anerkennung des Lehrerberufs (auch sollte ein professionelles Selbstverständnis bereits im Studium entwickelt werden)
  • Dreiphasenkonzept (Studium, Referendariat, Fortbildung)
  • Medienkompetenz (ins Fachstudium integrierte examensrelevante Veranstaltungen zur multimedialen Lehre)

2. Thesen

Es wurden die folgenden Thesen aufgestellt:

  • Es sollte eine ernst gemeinte eigenständige Lehramtsausbildung an den mathematischen Fachbereichen der Universitäten mit (zum Teil) eigenen Veranstaltungen stattfinden.
  • An den Anfängervorlesungen Lineare Algebra I,II und Analysis I,II sollten zukünftige Diplom-Mathematiker und Lehrer gemeinsam teilnehmen. Eine vollständig getrennte Ausbildung der Lehrer würde die Gefahr der Isolation und der Zweiklasseneinteilung mit Lehrern als Mathematiker 2.Klasse in sich bergen.
  • Unter den Übungsgruppen zu gemeinsamen Vorlesungen sollte es auf Wunsch auch Gruppen für zukünftige Lehrer geben.
  • Für mittlere Semester sollten Vorlesungen mit Überblickscharakter, die besonders für Lehramtsstudierende geeignet sind, angeboten werden.
  • Das Lehrangebot sollte fächerübergreifend sein und auf Anwendungen der Mathematik hinzielen.
  • Fachlichkeit ist ein wesentliches Standbein der Lehrerausbildung. Die Fachlichkeit darf nicht zugunsten der Pädagogik zurückgedrängt werden.
  • Die Ausbildung muss forschungsorientiert sein, und die Studierenden müssen während ihres Studiums wissenschaftliche Kompetenz erwerben. Dies ist in einer zunehmend wissens- und wissenschaftsorientierten Gesellschaft unabdingbar.
  • Die Staatsexamensarbeit muss eine höhere Wertigkeit als bisher bekommen. Aktives wissenschaftliches Arbeiten der Studierenden mit Erfolgserlebnissen muss ermöglicht werden.
  • Zusatzqualifikationen wie z.B. die Promotion sollten honoriert werden.
  • Fachdidaktische und schulpraktische Veranstaltungen müssen etwa ab dem dritten Semester studienbegleitend erfolgen.

3. Modellversuche

An einigen mathematischen Fachbereichen werden Modellversuche mit Bachelor/Master-Studiengängen in der Lehrerausbildung durchgeführt, vgl. z.B. den Bochumer Modellversuch. Ein Bericht über die verschiedenen Modelle soll in den DMV-Mitteilungen erscheinen.

4. Fächer, Fächerkombinationen

Die Lehramtsausbildung sollte wie bisher zwei Fächer beinhalten, da die Einsatzmöglichkeiten in den Schulen für Lehrer mit nur einem Fach problematisch sind. Da es andererseits unmöglich ist, in 10 Semestern wissenschaftliche Kompetenz in zwei Fächern zu erwerben, sollten nur sinnvolle Fächerkombinationen, bei denen Synergieeffekte bestehen, zugelassen werden. Denkbar sind etwa Mathematik und Physik oder Mathematik und Informatik, wo größere Überlappungen in der Ausbildung stattfinden und die Stundenpläne aufeinander abgestimmt sind. Bei anderen Fächerverbindungen, z.B. Mathematik und Deutsch, muss geprüft werden, ob Synergieeffekte bestehen.

5. Studiengänge (Durchlässigkeit)

Für die verschiedenen Schultypen wie Gymnasium bzw. Sek.I,II sowie Grund-, Haupt- und Realschule sind verschiedene Ausbildungskonzepte notwendig. Anzustreben ist aber eine möglichst große Durchlässigkeit. Dies ist sowohl in Hinblick auf Lehrkapazitäten als auch auf die leichtere Revidierbarkeit in den Anfangssemestern von Studienwahlentscheidungen wichtig. Zu prüfen sind:

  • Wechselmöglichkeiten zwischen verschiedenen Schultypen
  • Übergangsmöglichkeiten zu Nichtlehrer-Studiengängen
  • Transparenz zwischen Lehramts- und Diplomstudiengängen
  • Internationale Kompatibilität

Der Masterabschluss für Gymnasiallehrer bzw. Sek.I,II sollte mit dem 1.Staatsexamen vergleichbar sein, wobei aber die Staatsexamensarbeit eine höhere Wertigkeit bekommen sollte. Ferner ist ein festes Studienangebot für die Lehrerfortbildung wie geeignete Aufbaustudiengänge oder regelmäßig stattfindende Workshops an mathematischen Fachbereichen von Universitäten zu etablieren.

6. Studienpläne

Es ist festzulegen, was ein Lehramtsabsolvent an Fachwissen und Fachkompetenz mitbringen muss. Hieran ist dann der Studienplan zu orientieren. Hinzu kommen dann noch passende fachdidaktische, pädagogische und schulpraktische Anteile.

7. Arbeitsplan für die Kommission

Folgende Aufgabenverteilung wurde festgelegt, wobei die Ergebnisse bis spätestens 25.10.02 vorliegen sollten:

  • Artikel in den DMV-Mitteilungen 1/03 über Modellversuche (Kersten).
  • Bericht über den Beruf des Gymnasiallehrers – insbesondere über die Ansprüche an die Universitätsausbildung aus der Sicht der Schule – (a Campo).
  • Feststellung der fachlichen Inhalte, die Lehramtsstudierende für das Gymnasium bzw. Sek.I,II beherrschen müssen, um daraus die benötigten Stundenzahlen zu ermitteln und einen Vorschlag für einen Studienplan erarbeiten zu können (Matzat).
  • Feststellung der fachlichen Inhalte, die Lehramtsstudierende für Grund-, Haupt- und Realschule beherrschen müssen, um mögliche Verzahnungen mit der Gymnasiallehrerausbildung zu erkennen und Möglichkeiten der Durchlässigkeit eruiieren zu können (Reiss).
  • Erarbeitung von Vorschlägen zur Integration von Fach und Fachdidaktik. Gemeint sind mögliche Spezialangebote von Veranstaltungen, bei denen die Studierenden gekoppelt fachliche und fachdidaktische Kompetenzen erwerben (Kramer).

25.9.2002.     Diskussionsbeiträge an   kersten@mathematik.uni-bielefeld.de