Geometrie
In der analytischen Geometrie geht man von einem Vektorraum V über den reellen Zahlen R aus, zum Beispiel von V=R³, dem 3-dimensionalen Raum. Die Vektoren in V kann man addieren und mit einem Skalar µ aus R multiplizieren, wobei gewisse Rechenregeln gelten, insbesondere gibt es einen Nullvektor 0. Um Begriffe wie Länge und Winkel zu definieren, ordnet man je zwei Vektoren v,w aus V ein Skalarprodukt <v,w> aus R zu, das die folgenden Regeln für u,v,w aus V und µ aus R zu erfüllen hat:
1. | <u+v,w> = <u,w> + <v,w> < µ v,w > = µ <v,w> | linear im 1.Argument |
2. | <v,w> = <w,v> | symmetrisch |
3. | <v,v> größer 0, falls v ungleich 0 | positiv definit |
Mit Hilfe der Symmetrieeigenschaft 2. kann man leicht zeigen, dass das Skalarprodukt auch linear im 2.Argument ist, d.h. es gilt auch <u,v+w> = <u,v> + <u,w> und <v, µ w> = µ <v,w>.
Ein reeller Vektorraum, der mit einem solchen Skalarprodukt versehen ist, wird euklidischer Vektorraum genannt. Hierin ist die Länge ||v|| eines Vektors v definiert als die positive Quadratwurzel aus <v,v>. Es gilt also <v,v> = ||v||². Der Winkel ß zwischen zwei Vektoren v,w wird so definiert, dass er die Eigenschaft <v,w> = ||v||·||w||·cos(ß) erfüllt. Insbesondere stehen zwei Vektoren, die ungleich 0 sind, genau dann senkrecht aufeinander, wenn ihr Skalarprodukt 0 ist.
Ein Skalarprodukt definiert eine orthogonale Geometrie auf V. Es kommen aber auch Skalarprodukte vor, die zwar die Regeln 1. und 2. erfüllen, aber nicht die Regel 3. Aus dem Trägheitssatz von Sylvester folgt dann, dass es auf einem n-dimensionalen reellen Vektorraum V bis auf Isometrie genau n+1 verschiedene reguläre orthogonale Geometrien gibt, nämlich eine positiv definite, eine negativ definite und zu jedem r=1,..,n-1 eine, die genau auf einem r-dimensionalen Untervektorraum von V positiv definit ist. Dies ist keineswegs offensichtlich und wird meist in der Vorlesung über Lineare Algebra im ersten Studienjahr eines Mathematikstudiums bewiesen, und dort werden dann auch Begriffe wie Isometrie und regulär erklärt. Statt „regulär“ sagt man oft auch „nicht ausgeartet“.
Ein Skalarprodukt, das die beiden Eigenschaften 1. und 2. erfüllt, wird auch eine symmetrische Bilinearform genannt. Symmetrische Bilinearformen sind auf Vektorräumen über einem beliebigen Körper K anstelle von R erklärt und ihr Studium führt in die Theorie der quadratische Formen und damit bereits in ein aktuelles riesiges Forschungsgebiet der Mathematik.
Statt symmetrischer Bilinearformen kann man zum Beispiel auch schiefsymmetrische Bilinearformen betrachten. Es gilt dann statt 2. die Bedingung <v,w> = – <w,v>, und man spricht von symplektischer Geometrie.
Die erwähnten Geometrien werden in einem Vektorraum betrieben und hängen somit alle von einem ausgezeichneten Punkt ab, nämlich vom Nullpunkt 0. Zum Beispiel sind die 1-dimensionalen Untervektorräume von R³ die Geraden durch 0 und die 2-dimensionalen die Ebenen durch 0. Um zum Beispiel auch Geraden und Ebenen, die nicht durch den Nullpunkt gehen, zu studieren, betrachtet man affine Räume und gelangt zur affinen Geometrie. Um sich einige in der affinen Geometrie nötige Fallunterscheidungen zu ersparen, geht man dann noch zu projektiven Räumen über, wo zum Beispiel zwei Geraden stets einen Schnittpunkt haben (auch parallele Geraden). Grundlagen der affinen und der projektiven Geometrie werden häufig schon in der Vorlesung über Lineare Algebra im ersten Studienjahr vermittelt. Im Verlauf des weiteren Studiums schließen sich dann Vorlesungen über Differentialgeometrie und algebraische Geometrie an.