Analytische Geometrie und Lineare Algebra
Eines der Grundanliegen in der Mathematik ist das Lösen von Gleichungen. In der Linearen Algebra werden lineare Gleichungssysteme studiert. Gegeben sind z.B. die beiden Gleichungen
4 | x | – | y | = | 3 |
5 | x | + | y | = | 6 |
und gesucht sind zwei reelle Zahlen x,y, die beide Gleichungen erfüllen. Wie man schnell sieht, sind dies x=1 und y=1. In einem (x,y)-Koordinatensystem kann man sich die beiden Gleichungen als zwei Geraden veranschaulichen, die sich in dem Punkt (1,1) schneiden.
Ein allgemeines lineares Gleichungssystem hat die Form
a11 | x1 | + | a12 | x2 | + | … | + | a1n | xn | = | b1 |
a21 | x1 | + | a22 | x2 | + | … | + | a2n | xn | = | b2 |
. | . | . | . | . | . | . | |||||
am1 | x1 | + | am2 | x2 | + | … | + | amn | xn | = | bm |
wobei x1, x2,…,xn die Unbekannten sind und die Koeffizienten a11,…,ann einem bestimmten Zahlbereich angehören wie z.B. dem Körper der reellen Zahlen. Man ordnet die Koeffizienten in einem rechteckigen Schema an und nennt dieses eine Matrix. Es gibt nun ein Matrizenkalkül, das es erlaubt, das Gleichungssystem einfach in der Form zu Ax=b zu schreiben, wobei A die Matrix der Koeffizienten ist. Das Gleichungssystem oben liest sich dann zum Beispiel so:
4 | -1 | x | = | 3 |
5 | 1 | y | = | 6 |
Wenn m=n ist und die Matrix A eine inverse Matrix A-1 besitzt, so ist das lineare Gleichungssystem Ax=b eindeutig lösbar, und es ist x=A-1b die Lösung (so wie man es gewohnt ist, wenn es sich nur um eine Gleichung und eine Unbekannte handelt). Es ist dann die sogenannte Determinante von A ungleich 0. Das Matrizen- und das Determinantenkalkül lernt man im ersten Semester eines Mathematikstudiums.
Beispiele für Matrizen sind die magischen Quadrate, bei denen die Zeilensummen und die Spaltensummen stets dieselbe natürliche Zahl ergeben, zum Beispiel:
Das Quadrat ist in dem Kupferstich Melancholia von A.Dürer enthalten. Unten in der Mitte steht das Entstehungsjahr 1514. Zeilen-, Spalten-, Diagonalsummen und weitere Summen ergeben jeweils die Zahl 34.
Die Aufstellung eines magischen Quadrates führt in die Theorie der linearen Gleichungssysteme. Wenn die Zahlen b1,…,bm in dem obigen allgemeinen Gleichungssystem alle 0 sind, bildet die Menge der Lösungen des Systems einen Vektorraum; im allgemeinen bildet sie einen sogenannten affinen Raum. Die Theorie der Vektorräume ist ein weiteres Kapitel in der Linearen Algebra, insbesondere lernt man dabei den Begriff der Dimension eines Raumes. Studiert werden auch lineare Abbildungen eines Vektoraums in einen anderen Vektorraum und gezeigt, wie man lineare Abbildungen durch Matrizen darstellen kann.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Linearen Algebra ist die Theorie der Eigenwerte und Eigenvektoren. Sie hat unter anderem wichtige Anwendungen für das Lösen von Differentialgleichungen.
Die beiden Vorlesungen Lineare Algebra I,II sind obligatorisch in den ersten beiden Semestern eines Mathematikstudiums. Dabei werden auch Grundbegriffe der Analytischen Geometrie vermittelt, und deswegen wird an einigen Universitäten auch ein Zusatz wie Geometrie oder Analytische Geometrie mit in den Titel der Vorlesung aufgenommen.
Unter anderem gibt es ein Kapitel über Euklidische Vektorräume, in dem Begriffe wie die Länge eines Vektors und der Winkel zwischen zwei Vektoren eingeführt werden. Studiert werden auch Kegelschnitte. Ein Kegelschnitt ist die Lösungsmenge im 2-dimensionalen Raum einer Gleichung der Form
ax2 + 2bxy + cy2 + dx + ey + f = 0
mit reellen Koeffizienten a,b,c,d,e,f. Dadurch wird eine Ellipse, eine Hyperbel oder eine Parabel definiert, oder der Kegelschnitt ist ausgeartet, d.h. er ist je nach Gleichung eine Gerade, ein Paar von Geraden, ein Punkt oder die leere Menge. Die nichtausgearteten Kegelschnitte kann man sich tatsächlich vorstellen als Schnitt einer Ebene durch einen Kegel:
So entsteht eine Hyperbel. Die Gleichung kann auf die Normalform ax2 + by2 -1 = 0 gebracht werden, wobei a,b größer 0 sind.
Links hat man eine Ellipse; ihre Gleichung kann auf die Form ax2-by2-1=0 gebracht werden, wobei a,b größer 0 sind. Rechts ist eine Parabel; die Normalform der Parabelgleichung ist ax2-y=0, wobei a größer 0 ist.
An die Vorlesung über Lineare Algebra schließen sich Vorlesungen wie Algebra und Zahlentheorie an sowie z.B. auch ein Proseminar über Darstellungstheorie endlicher Gruppen.